Beurteilungskriterien für Waldflächen nach dem Bundeswaldgesetz
Grundvoraussetzung: Bestockung mit Forstpflanzen
Laut Gesetzgeber ist eine entsprechende Vegetation eine zwingende Voraussetzung für Wald. Jede mit Forstpflanzen bewachsene (bestockte) Fläche ist demnach Wald. „Forstpflanzen“ sind zu forstlichen Zwecken nutzbare Pflanzen, die Stämme ausbilden. Dies trifft bedingt auch auf Waldsträucher zu. Da sich jede mit Waldsträuchern bewachsene Fläche zu Wald entwickeln wird, können diese Flächen in der Regel auch dem Wald zugeordnet werden. Boden- und Strauchpflanzen sowie Obst- und Ziergehölze gelten nicht als Forstpflanzen.
Das Problem ist, dass demzufolge eine Betonfläche in einem Gewerbegebiet mit nur wenigen Bäumen als Wald gelten würde. Deshalb sind weitere Kriterien nötig, um zu beurteilen, ob eine Fläche Wald ist.
Charakter der Fläche
Für die Beurteilung maßgeblich ist, ob die Forstpflanzen den Charakter Ihrer Fläche entscheidend prägen. Eine Streuobstwiese ist also in der Regel kein Wald im Sinne des Gesetzes. Sie wird es allerdings, wenn Forstpflanzen den Charakter der Fläche prägen. Ein Beispiel ist eine Wiese, die über mehrere Jahre nicht gemäht wurde und viele Waldbäume zwischen den Obstbäumen wachsen. In der Rechtsprechung wurde daher beispielsweise durchgewachsenen Weihnachtsbaum-Kulturen, ehemalige Baumschulen und verwilderten Parkanlagen die Waldeigenschaft im Sinne des Waldgesetzes zugesprochen.
Alter der Forstpflanzen
Das Alter der Forstpflanzen ist für die juristische Waldeigenschaft hingegen nebensächlich. Kurzumtriebsplantagen, also Flächen zur Holzproduktion mit schnellwachsenden Baumarten, gelten jedoch explizit nicht als Wald.
Größe der Fläche
Wie groß die „mit Forstpflanzen bestockte“ Fläche sein muss, um Wald zu sein, ist durch das Gesetz nicht vorgegeben. Der Begriff „Grundfläche“ ergibt eine Anforderung an eine gewisse Flächenausdehnung. Im Bundeswaldgesetz ging man anfänglich von mindestens 0,2 Hektar aus. Nachfolgende Gerichtsurteile sprachen aber auch auch kleineren Flächen die Waldeigenschaft zu (ab 20 m x 20 m = 0,04 Hektar).
Entscheidend ist dabei in der Regel die Eigenschaft als Naturhaushalt mit eigenem waldtypischen Innenklima. Zudem wurde hierbei die Nähe zu anderen Waldteilen berücksichtigt. Denn bisher gilt der Grundsatz, dass die Größe der zu beurteilenden Fläche unerheblich wird, wenn sie direkt an ein Waldstück anschließt.
Bewirtschaftung der Fläche
Eine Bewirtschaftung oder die Absicht einer forstwirtschaftlichen Nutzung ist unerheblich für die Beurteilung der gesetzlichen Waldeigenschaft. Allerdings schreibt der Gesetzgeber eine Bewirtschaftungspflicht vor. Deshalb muss die Fläche grundsätzlich für eine forstliche Bewirtschaftung zugänglich sein, um Wald im Sinne des Gesetzes zu sein.
Für die Beurteilung ist die Absicht zudem unerheblich. Ob die Bäume ihres Waldes durch planmäßiges Handeln oder natürlich entstanden sind, spielt also keine Rolle. Ebenso ist die Eintragung in ein Waldverzeichnis, die Qualität der Bäume, der Untergrund oder die vorherige Nutzung unerheblich. Wald kann also auf Halden, Siedlungs- oder Verkehrsflächen entstehen.
Dichte des Baumbestandes auf der Fläche
Der Dichte des Baumbestandes kommt eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Für die Walddefinition wird eine weitestgehend gleichmäßige Verteilung der Bäume vorausgesetzt, so dass ein Kronenschluss zu erwarten ist. Eine Mehrzahl einzeln stehender Bäume genügt den Anforderungen in der Regel nicht. Stattdessen muss ein sogenanntes waldtypisches Innenklima entstehen können.
Nutzung der Fläche
Im Gegensatz zur „natürlichen“ Sicht, ist die tatsächliche Nutzung des Waldes aus gesetzlicher Sicht unerheblich. Eine Fläche bleibt also Wald, auch wenn sie kahlgeschlagen oder rechtswidrig gerodet wurde. Die Fläche verliert erst die rechtliche Waldeigenschaft, wenn eine Nutzungsänderung (Umwandlung) zugelassen wurde.
Eine Waldfläche kann jedoch die juristische Waldeigenschaft durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes, etwa durch Pläne oder Verwaltungsakte verlieren. Beispielsweise werden Straßenböschungen nach dem Bundesfernstraßengesetz nicht automatisch zu Wald auch wenn sich auf ihnen Forstpflanzen befinden.
Flächen, die auf den ersten Blick wie Wald aussehen, können durch ihre besondere Nutzung als Wald zudem ausgeschlossen werden. Beispiele dafür sind:
- Kurzumtriebsplantagen, also Flächen mit einer Umtriebszeit von weniger als 20 Jahren
- Agroforstliche Nutzung, also Flächen mit einem Baumbestand, die jedoch gleichzeitig dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte dienen
- Flächen, die am 6. August 2010 in der InVeKoS-Verordnung bezeichneten Flächenidentifizierungssystem als landwirtschaftliche Fläche erfasst sind, solange die landwirtschaftliche Nutzung noch andauert
Räumliche Nähe
Bestimmten Flächen wird gesetzlich eine Waldeigenschaft zugesprochen, auch wenn diese als solche nicht eindeutig erkennbar sind. Kleinere Freiflächen in einem Wald werden zum Beispiel dem Wald zugeordnet. Gleiches gilt für Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen, Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze und Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen.
Hier kommt es aber auf die tatsächliche Nutzung an. Eine Weide, die nur gelegentlich als Holzlagerplatz genutzt wird, wird nicht automatisch Wald. Im Wald liegende Teiche und Kletterfelsen kann man hingegen durchaus als dem Wald dienend klassifizieren, denn sie dienen den Schutzfunktionen (Feuerlöschteich) und der Erholungsfunktion.
Landeswaldgesetze
Wie oben beschrieben, haben die Bundesländer das Recht, weitere Flächen als Wald zu definieren. In einigen Bundesländern gehören demnach auch Leitungsschneisen, Pflanzgärten, Waldparkplätze, Teiche, Moore, Heiden und Felspartien juristisch zum Wald. Außerdem gibt es Bundesländer, in denen eine Fläche in einem Waldverzeichnis (zum Beispiel in der Waldbiotopkartierung) hinterlegt werden, um überhaupt als Wald gelten zu können. Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie Parkanlagen gelten in den meisten Bundesländern wiederum nicht als Wald.
Zudem können aus dem Landeswaldgesetz resultierende Pläne Flächen mit Baumbestand und Waldinnenklima vom Waldbegriff ausschließen. Beispiele dafür sind:
- Parkplätze, die nach Straßengesetz auch dann zum Straßenkörper gehören, wenn sie zugewachsen sind
- Bergbaurechtliche Abbauflächen, auch wenn darauf Waldbäume wachsen
- Flächen, für die eine Waldumwandlung genehmigt wurde
Zusammenfassung: Was ist Wald?
Auf die Frage „Was ist Wald im Sinne des Gesetzes“ gibt es bei genauerer Betrachtung keine einfache Antwort. Denn bei der Beurteilung von Flächen müssen Sie eine Vielzahl von Kriterien im Blick behalten. Die Beurteilung von Flächen fällt übrigens in das Hoheitsrecht und wird in jedem Bundesland von der unteren Forstbehörde vorgenommen.