Was ist Wald im Sinne des Gesetzes?

Für die meisten Menschen ist Wald eine Ansammlung von Bäumen, die groß genug ist, dass man darin wandern kann. Rechtlich gesehen spielen jedoch andere Faktoren eine Rolle. In diesem Artikel beantworten wir Ihnen deshalb die Frage: Was ist Wald im Sinne des Gesetzes?

Waldbegriff: Was ist Wald

Wald ist etwas Persönliches

Wald stellt in Deutschland einen besonderen Landschafts- und Gefühlsraum dar. Nahezu jeder hat Erinnerungen, Gefühle und natürlich auch eine Meinung zum Wald. Individuell herrscht dabei in der Regel das Waldbild vor, mit dem man aufgewachsen ist. Viele Menschen finden die Waldformen ihrer Heimatregion nicht nur schöner, sondern definieren Wald auch nach diesen Maßstäben. So assoziieren die Menschen des Thüringer Waldes mit dem Waldbegriff vor allem dichte Fichtenwälder, wohingegen viele Brandenburger lichte Kiefernwälder vor ihrem inneren Auge sehen, wenn von Wald die Rede ist. Und während für viele Menschen Wald eine Ansammlung von Bäumen ist, die groß genug ist, dass man darin wandern kann, reichen für Andere auch kleinere Flächen, um von Wald zu sprechen.

Juristisch sieht die Sache jedoch völlig anders aus. Welche Kriterien entscheidend sind, damit eine Fläche als Wald definiert wird, erfahren Sie in den folgenden Kapiteln:

Was ist Wald im gesetzlichen Sinn?
Nicht jede Fläche, die nach Wald aussieht, ist juristisch als Wald definiert.
© Photo von Rawpixel

Wald im Sinne des Gesetzes

Wald oder Forst – Begrifflicher Unterschied

Forstwirtschaftlich genutzten Wald nennt man Forst. In Deutschland wurden in den letzten Jahrtausenden nahezu alle Flächen auch einmal landwirtschaftlich genutzt. Nur da, wo die Standortverhältnisse so schlecht waren, dass sich eine landwirtschaftliche Nutzung nicht lohnte oder der Boden zu steil oder felsig war, beließ man den Wald. Unsere Vorfahren gingen dabei meistens nach dem „Trial and Error“-Prinzip vor. Die Flächen wurden abgeholzt und wenn sie zu geringem Ertrag führten, später wieder sich selbst überlassen. Die verbliebenen Wälder wurden aber weiterhin genutzt. Faktisch wären also alle Wälder in Deutschland Forste, weil sie schon einmal forstwirtschaftlich genutzt wurden.

In Gesetzen und an Gerichten ist eine Unterscheidung von Wald und Forst jedoch nicht üblich. In der begrifflichen Abgrenzung geht die Tendenz dahin, den Begriff „Forst“ mit „Wald“ zu ersetzen. Dies sieht man schon daran, dass es in Deutschland ein Bundeswaldgesetz, nicht aber ein Bundesforstgesetz gibt. 

Wald laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation

In der Landbedeckungsdefinition der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN von 1998 wird Wald als Land mit einer Baumkronenbedeckung (Verhältnis der durch Baumkronen überdachten Fläche zur Gesamtfläche) von mehr als 10 Prozent und einer Mindestfläche von 0,5 Hektar definiert. Wie aber sehen Gesetze und Gerichte den Wald?

Was ist Wald laut europäischem Recht

Der europarechtliche Waldbegriff wurde an die Definition der Landesbedeckungsdefinition angelehnt. Laut Artikel 3 der VO (EG) Nr. 2152/2003 sind Wälder Flächen von mehr als 0,5 Hektar mit einer Baumkronenbedeckung von mehr als 10 Prozent. Andere bewaldete Flächen werden in der Verordnung dem Wald gleichgestellt, wie etwa Flächen, bei denen die Gehölze höher als 5 Meter werden.

Wald im bundesdeutschen Recht

In Deutschland gibt das Bundeswaldgesetz (BWaldG) den Rahmen zum Umgang mit dem Wald vor. Einzelregelungen werden zudem in den Landeswaldgesetzen geregelt. Das Bundeswaldgesetz differenziert dabei zwischen:

  • Wald im engeren Sinne (§ 2 Abs. 1 Satz 1)
  • Wald im weiteren Sinne beziehungsweise als Wald geltende Flächen (§ 2 Abs. 1 Satz 2)
  • Nicht als Wald anzusehende Flächen (§ 2 Abs. 2).

Die Bundesländer sind jedoch ermächtigt dem Wald weitere Flächen zuzurechnen oder vom Waldbegriff auszunehmen.

  • Auszug aus dem Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz)
    § 2 Wald
    (1) Wald im Sinne dieses Gesetzes ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen.

    (2) Kein Wald im Sinne dieses Gesetzes sind

    1. Grundflächen auf denen Baumarten mit dem Ziel baldiger Holzentnahme angepflanzt werden und deren Bestände eine Umtriebszeit von nicht länger als 20 Jahren haben (Kurzumtriebsplantagen),

    2. Flächen mit Baumbestand, die gleichzeitig dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte dienen (agroforstliche Nutzung),
    3. mit Forstpflanzen bestockte Flächen, die am 6. August 2010 in dem in § 3 Satz 1 der InVeKoS-Verordnung vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 7. Mai 2010 (eBAnz AT51 2010 V1) geändert worden ist, bezeichneten Flächenidentifizierungssystem als landwirtschaftliche Flächen erfasst sind, solange deren landwirtschaftliche Nutzung andauert und

    4. in der Flur oder im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen, die mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt sind oder als Baumschulen verwendet werden.

    (3) Die Länder können andere Grundflächen dem Wald zurechnen und Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen vom Waldbegriff ausnehmen.
Was ist Wald - Waldwege
Waldwege werden juristisch als Wald betrachtet
© Photo von Geran de Klerk

Beurteilungskriterien für Waldflächen nach dem Bundeswaldgesetz

Grundvoraussetzung: Bestockung mit Forstpflanzen

Laut Gesetzgeber ist eine entsprechende Vegetation eine zwingende Voraussetzung für Wald. Jede mit Forstpflanzen bewachsene (bestockte) Fläche ist demnach Wald. „Forstpflanzen“ sind zu forstlichen Zwecken nutzbare Pflanzen, die Stämme ausbilden. Dies trifft bedingt auch auf Waldsträucher zu. Da sich jede mit Waldsträuchern bewachsene Fläche zu Wald entwickeln wird, können diese Flächen in der Regel auch dem Wald zugeordnet werden. Boden- und Strauchpflanzen sowie Obst- und Ziergehölze gelten nicht als Forstpflanzen.

Das Problem ist, dass demzufolge eine Betonfläche in einem Gewerbegebiet mit nur wenigen Bäumen als Wald gelten würde. Deshalb sind weitere Kriterien nötig, um zu beurteilen, ob eine Fläche Wald ist.

Charakter der Fläche

Für die Beurteilung maßgeblich ist, ob die Forstpflanzen den Charakter Ihrer Fläche entscheidend prägen. Eine Streuobstwiese ist also in der Regel kein Wald im Sinne des Gesetzes. Sie wird es allerdings, wenn Forstpflanzen den Charakter der Fläche prägen. Ein Beispiel ist eine Wiese, die über mehrere Jahre nicht gemäht wurde und viele Waldbäume zwischen den Obstbäumen wachsen. In der Rechtsprechung wurde daher beispielsweise durchgewachsenen Weihnachtsbaum-Kulturen, ehemalige Baumschulen und verwilderten Parkanlagen die Waldeigenschaft im Sinne des Waldgesetzes zugesprochen.

Alter der Forstpflanzen

Das Alter der Forstpflanzen ist für die juristische Waldeigenschaft hingegen nebensächlich. Kurzumtriebsplantagen, also Flächen zur Holzproduktion mit schnellwachsenden Baumarten, gelten jedoch explizit nicht als Wald.

Größe der Fläche

Wie groß die „mit Forstpflanzen bestockte“ Fläche sein muss, um Wald zu sein, ist durch das Gesetz nicht vorgegeben. Der Begriff „Grundfläche“ ergibt eine Anforderung an eine gewisse Flächenausdehnung. Im Bundeswaldgesetz ging man anfänglich von mindestens 0,2 Hektar aus. Nachfolgende Gerichtsurteile sprachen aber auch auch kleineren Flächen die Waldeigenschaft zu (ab 20 m x 20 m = 0,04 Hektar).

Entscheidend ist dabei in der Regel die Eigenschaft als Naturhaushalt mit eigenem waldtypischen Innenklima. Zudem wurde hierbei die Nähe zu anderen Waldteilen berücksichtigt. Denn bisher gilt der Grundsatz, dass die Größe der zu beurteilenden Fläche unerheblich wird, wenn sie direkt an ein Waldstück anschließt.

Bewirtschaftung der Fläche

Eine Bewirtschaftung oder die Absicht einer forstwirtschaftlichen Nutzung ist unerheblich für die Beurteilung der gesetzlichen Waldeigenschaft. Allerdings schreibt der Gesetzgeber eine Bewirtschaftungspflicht vor. Deshalb muss die Fläche grundsätzlich für eine forstliche Bewirtschaftung zugänglich sein, um Wald im Sinne des Gesetzes zu sein.

Für die Beurteilung ist die Absicht zudem unerheblich. Ob die Bäume ihres Waldes durch planmäßiges Handeln oder natürlich entstanden sind, spielt also keine Rolle. Ebenso ist die Eintragung in ein Waldverzeichnis, die Qualität der Bäume, der Untergrund oder die vorherige Nutzung unerheblich. Wald kann also auf Halden, Siedlungs- oder Verkehrsflächen entstehen.

Dichte des Baumbestandes auf der Fläche

Der Dichte des Baumbestandes kommt eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Für die Walddefinition wird eine weitestgehend gleichmäßige Verteilung der Bäume vorausgesetzt, so dass ein Kronenschluss zu erwarten ist. Eine Mehrzahl einzeln stehender Bäume genügt den Anforderungen in der Regel nicht. Stattdessen muss ein sogenanntes waldtypisches Innenklima entstehen können.

Nutzung der Fläche

Im Gegensatz zur „natürlichen“ Sicht, ist die tatsächliche Nutzung des Waldes aus gesetzlicher Sicht unerheblich. Eine Fläche bleibt also Wald, auch wenn sie kahlgeschlagen oder rechtswidrig gerodet wurde. Die Fläche verliert erst die rechtliche Waldeigenschaft, wenn eine Nutzungsänderung (Umwandlung) zugelassen wurde.

Eine Waldfläche kann jedoch die juristische Waldeigenschaft durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes, etwa durch Pläne oder Verwaltungsakte verlieren. Beispielsweise werden Straßenböschungen nach dem Bundesfernstraßengesetz nicht automatisch zu Wald auch wenn sich auf ihnen Forstpflanzen befinden.

Flächen, die auf den ersten Blick wie Wald aussehen, können durch ihre besondere Nutzung als Wald zudem ausgeschlossen werden. Beispiele dafür sind:

  • Kurzumtriebsplantagen, also Flächen mit einer Umtriebszeit von weniger als 20 Jahren
  • Agroforstliche Nutzung, also Flächen mit einem Baumbestand, die jedoch gleichzeitig dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte dienen
  • Flächen, die am 6. August 2010 in der InVeKoS-Verordnung bezeichneten Flächenidentifizierungssystem als landwirtschaftliche Fläche erfasst sind, solange die landwirtschaftliche Nutzung noch andauert

Räumliche Nähe

Bestimmten Flächen wird gesetzlich eine Waldeigenschaft zugesprochen, auch wenn diese als solche nicht eindeutig erkennbar sind. Kleinere Freiflächen in einem Wald werden zum Beispiel dem Wald zugeordnet. Gleiches gilt für Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen, Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze und Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen.

Hier kommt es aber auf die tatsächliche Nutzung an. Eine Weide, die nur gelegentlich als Holzlagerplatz genutzt wird, wird nicht automatisch Wald. Im Wald liegende Teiche und Kletterfelsen kann man hingegen durchaus als dem Wald dienend klassifizieren, denn sie dienen den Schutzfunktionen (Feuerlöschteich) und der Erholungsfunktion.

Landeswaldgesetze

Wie oben beschrieben, haben die Bundesländer das Recht, weitere Flächen als Wald zu definieren. In einigen Bundesländern gehören demnach auch Leitungsschneisen, Pflanzgärten, Waldparkplätze, Teiche, Moore, Heiden und Felspartien juristisch zum Wald. Außerdem gibt es Bundesländer, in denen eine Fläche in einem Waldverzeichnis (zum Beispiel in der Waldbiotopkartierung) hinterlegt werden, um überhaupt als Wald gelten zu können. Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie Parkanlagen gelten in den meisten Bundesländern wiederum nicht als Wald.

Zudem können aus dem Landeswaldgesetz resultierende Pläne Flächen mit Baumbestand und Waldinnenklima vom Waldbegriff ausschließen. Beispiele dafür sind:

  • Parkplätze, die nach Straßengesetz auch dann zum Straßenkörper gehören, wenn sie zugewachsen sind
  • Bergbaurechtliche Abbauflächen, auch wenn darauf Waldbäume wachsen
  • Flächen, für die eine Waldumwandlung genehmigt wurde

Zusammenfassung: Was ist Wald?

Auf die Frage „Was ist Wald im Sinne des Gesetzes“ gibt es bei genauerer Betrachtung keine einfache Antwort. Denn bei der Beurteilung von Flächen müssen Sie eine Vielzahl von Kriterien im Blick behalten. Die Beurteilung von Flächen fällt übrigens in das Hoheitsrecht und wird in jedem Bundesland von der unteren Forstbehörde vorgenommen.

Was ist Wald: bewirtschaftung
Die Bewirtschaftung einer Fläche macht sie nicht automatisch zu einem Wald.

Checkliste: Ist Ihre Fläche Wald im Sinne des Gesetzes?

Mit folgendem Fragenkatalog können Sie sich dem Thema nähern und herausfinden, ob Ihre Fläche vom Gutachter der Behörde wahrscheinlich als Wald eingestuft wird oder nicht. Dabei gilt der Grundsatz: Wald im Sinne der Gesetze ist jede Grundfläche, die mit Waldbäumen oder Waldsträuchern bestockt ist, sich durch ihre Größe eignet, sowie dazu bestimmt ist, die folgenden Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen zu übernehmen:

  • der Holzproduktion zu dienen
  • die günstigen Wirkungen auf Klima, Boden, Wasserhaushalt und Luftreinhaltung zu steigern
  • der heimischen Tier- und Pflanzenwelt einen Lebensraum zu bieten
  • der Erholung für die Bevölkerung gerecht zu werden

Hinweis: Alle Angaben auf Waldhilfe.de sind grundsätzlich ohne Gewähr. Insbesondere möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir weder zur Rechtsberatung berechtigt sind, noch, dass wir diese anstreben. Sollten Sie als Waldeigentümer in einen Rechtsstreit geraten, so holen Sie sich bitte professionellen Rechtsbeistand und wenden Sie sich diesbezüglich ausschließlich an die dafür zuständigen Stellen.

 

Entdecken Sie Waldhilfe

Grundlagen
Naturschutz im Wald
Gefahren für den Wald
Das Waldmagazin