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Interview: Leinebergland-Trüffel

Im Gespräch mit Fabian Sievers: Mykologie ist die Wissenschaft von den Pilzen. Das Interview dreht sich aber nicht um irgendwelche Pilze, sondern um Trüffel.

Fabian Sievers - Trüffel im Wald

Trüffel? In Deutschland? Aber ja, Deutschland ist Trüffelland! Fabian Sievers ist Gründer des Unternehmens Leinebergland-Trüffel. Er verkauft Bäume an denen später Trüffel wachsen und bietet Interessierten Trüffelanbauseminare an. Der langjährige Pilzexperte gibt uns in einem Interview Einblicke in seine Arbeit auf der Trüffelplantage.

 

Herr Sievers, wie kamen Sie dazu eine Trüffelplantage anzulegen?

Ursprünglich hatte ich vor, Pilzsachverständiger zu werden. Nachdem ich meinen Job in der Logistikbranche Anfang 2011 an den Nagel gehängt hatte, stieß ich innerhalb meiner mykologischen Fortbildungen u.a. auf die Möglichkeit, Mykorrhizapilze [Anmerkung der Redaktion: „Mykorrhiza“ benennt eine Symbiose zwischen Pilz und Baum] zu kultivieren. Obwohl unsere Südeuropäischen Nachbarn seit Jahrzehnten den Anbau von Trüffeln erfolgreich praktizieren, blieb bei uns die Tatsache, dass es massenweise heimische Trüffeln gibt völlig unbeachtet. Das war letztlich das ausschlaggebende Moment – im Herbst 2012 wurde somit der erste Hektar Trüffelplantage im Leinebergland angelegt.

 

Trüffel sind in Deutschland unter Schutz gestellt. Hat Sie dies vor besondere Herausforderungen gestellt und wenn ja, wie haben Sie diese gelöst?

Um diese Frage zu beantworten, müsste eigentlich ein Buch geschrieben werden. Die Tatsache, dass sich in Deutschland seit über hundert Jahren kein Mensch mehr mit Trüffeln beschäftigt hat, hat dazu geführt, dass es diese Pilze bei uns offiziell gar nicht gibt. Die meisten zuständigen Naturschutzbehörden tun sich, ob des mangelnden Know-hows, außerordentlich schwer damit, Entscheidungen zu treffen, die in irgendeiner Form mit heimischen Trüffeln zu tun haben. Ein Paradoxon ist z.B., dass es Ausnahmegenehmigungen zur Entnahme geben müsste, um offizielle Kartierungen unserer heimischen Trüffelarten zu gewährleisten. Nur so könnten sich die Behörden selbst wieder in die Lage versetzen, angemessene Entscheidungen zu fällen. Bisher habe ich jedoch leider noch kein großes Interesse behördlicherseits erfahren. Dies macht es Trüffelpionieren wie mir nicht gerade leichter. Unterm Strich habe ich persönlich jedoch immer das erreichen können was ich wollte. Ein Umdenken der Institutionen und ein wachsendes Interesse für Trüffel sind nötig und zum Teil auch schon spürbar.

Erwähnenswert ist noch der Umstand, dass bislang meist einfach nur die Rede von „Trüffeln“ ist. Es gibt aber schätzungsweise an die 20 Arten echter „Tuberales“ in Deutschland. Von diesen sind einige Arten, wie die Burgundertrüffel, überaus häufig anzutreffen. Andere Arten wiederum sind aber tatsächlich sehr selten, und gerade mal eine Hand voll hat überhaupt einen kulinarischen Wert. Ein wenig mehr Differenzierung würde hier langfristig sehr hilfreich sein.

 

Wachsen Trüffel in Deutschland überall? Welche Baumarten nutzen Sie für die Trüffelzucht?

Die Burgundertrüffel mit ihrer früh fruchtenden Variante, der Sommertrüffel, gehört nicht nur zu den häufigsten Trüffeln, sondern sogar zu den häufigsten Pilzen überhaupt. Von den Alpen bis an die Küste (z.B. Nationalpark Jasmund auf Rügen) fühlt sie sich an den unterschiedlichsten Standorten zuhause. Voraussetzung für die Burgundertrüffel und die meisten ihrer Verwandten ist ein alkalischer, also kalkreicher, Boden, der gut durchlüftet ist und keine länger andauernde Nassphase wie Staunässe aufweist.
Typische Symbiosepartner für Trüffeln sind alle Eichenarten, Rotbuchen, Hainbuchen, Strauch- und Baumhaseln, Linden und sogar einige Nadelbäume wie Kiefern.
Es hört sich ungewöhnlich an, doch dort, wo beide Voraussetzungen (der richtige Boden mit den richtigen Symbiosepartnern) aufeinander treffen, gibt es auch Trüffeln! Egal, wo mein Hund und ich uns gerade befinden: stoßen wir beim Spazierengehen auf solche Bereiche, ist der erste Trüffelfund meist nur eine Frage von Minuten.

Trüffelhündin Woopie am Objekt der Begierde - Trüffel im Wald
Trüffelhündin Woopie am Objekt der Begierde
© Leinebergland-Trüffel

Wie lange müssen Sie nach der Pflanzung auf die Trüffelernte warten?

Das hängt von vielen Parametern und der kultivierten Trüffelart ab und ist nicht auf das Jahr genau vorherzusagen. Jede Trüffelart bevorzugt ihr eigenes Kleinklima. Um dieses auf Trüffelplantagen zu erreichen, bedarf es in der Regel viel Geduld. Ein realistischerer Mittelwert wären sechs bis acht Jahre. Auch die richtige Pflege ist hier von größter Bedeutung. Einfach pflanzen und dann abwarten gilt nicht! Oft wartet man so 10 oder 12 Jahre, ohne auch nur einen Fruchtkörper zu ernten. Eine ausführliche Anbauberatung diesbezüglich ist deswegen mittlerweile fester Bestandteil meiner beruflichen Tätigkeit als Trüffelbaumproduzent.

 

Was machen Sie nach dem Fund mit Ihren Trüffeln?

Die meisten wild gefundenen Fruchtkörper lasse ich einfach dort, wo sie sind: im Boden! Es ist ja auch gar nicht so, dass alle Arten, die ich finde, einen kulinarischen Wert haben. Ich nehme also schlicht wahr, dass es sie gibt – und lasse sie liegen.
Die Unterschutzstellung in Deutschland bezieht sich nur auf wildlebende Populationen. Kultivierte Trüffeln von Trüffelplantagen können also uneingeschränkt vermarktet und weiter verarbeitet werden.
Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass die wilde Trüffelsuche in Deutschland erlaubt sein sollte! Auch, wenn es einige sehr häufige Arten gibt. Schon jetzt streifen zunehmend Trüffelsuchtrupps durch die Wälder, die alles aus dem Boden wühlen, was irgendwie nach Trüffeln riecht. Meiner Meinung nach gehört die Trüffelsuche daher auf Trüffelplantagen. Durch Kulturen kann man diese Pilze gleichzeitig auch am effizientesten schützen und alles, was an der Trüffelsuche solche Freude bereitet, findet in kontrolliertem Rahmen statt.

 

Muss man beim Pflanzen der Trüffelbäume etwas Besonderes beachten? Was passiert nach der Trüffelernte mit dem Baum?

Dem Baum passiert gar nichts. Auch nicht dem Pilz! Wir ernten ja immer nur die Fruchtkörper, niemals den Pilz selbst. Dieser verbindet sich mit seinem feinen Mycel [Anm. d. Red.: das Mycel ist sozusagen das Wurzelgeflecht des Pilzes] mit den Saugwurzeln der Pflanzen. Diese Symbiose, genannt Mykorrhiza, bleibt über Jahrzehnte ein ganz natürlicher Bestandteil einer Trüffelplantage. Baum und Pilz leiden durch eine Ernte etwa so, wie ein Apfelbaum leidet, dessen Äpfel man pflückt.

 

Bei der Trüffelsuche haben Sie einen treuen Vierbeiner zur Seite. Wie haben Sie Ihren Hund ausgebildet und wie lange hat dies gedauert?

Ich habe Woopee, meine Trüffelhündin, mit 8 Wochen bekommen. Als Lagotto Romagnolo, der Trüffelhundrasse schlechthin, hatte sie keinerlei Probleme, zu verstehen, was ich von ihr wollte. Ihre erste wilde Trüffel hat sie mit etwa 5 Monaten gefunden. Ihre eigenen Welpen waren dann sogar schon nach 17 Wochen soweit. Die Ausbildung erfordert natürlich immer sehr viel Geduld und am wichtigsten ist, dass es für den Hund immer ein tolles Spiel bleibt. Die Techniken zur Ausbildung zum Trüffelsuchhund unterscheiden sich teilweise sehr von der konventionellen Sucharbeit. Um zukünftigen Plantagenbetreibern die Ausbildung ihrer eigenen Hunde zu erleichtern, arbeite ich derzeit an einem Lehrfilm, der 2016 erscheinen wird.

Trüffelhündin Woopie
Trüffelhündin Woopie ist speziell ausgebildet und sehr erfolgreich in ihrem Job.
© Leinebergland-Trüffel

Denken Sie, dass sich der Trüffelanbau als Nebenerwerb für Privatwaldeigentümer anbieten könnte? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Grundsätzlich ja! Schließlich gehören Baum und Trüffeln untrennbar zueinander. Paradoxer Weise habe ich lange darum gekämpft, dass Trüffelplantagen nicht als Aufforstung, sondern als ordnungsgemäße Landwirtschaft eingestuft werden. Das hat ausschließlich rechtliche Gründe, da im Fokus ja die Produktion eines Nahrungsmittels steht und dies, im Gegensatz zur Aufforstung, genehmigungsfrei geschehen kann. Anders herum geht es aber auch! Das heißt, wer aufforstet, kann natürlich gleichzeitig eine sekundäre Nutzung von Trüffeln einplanen. Wer dies aber gewerblich umsetzen will, sollte sich von Beginn an rechtlich absichern. Das Bundeswaldgesetz unterscheidet klar zwischen Wald und Agroforst [Anm. d. Red.: Agroforstsysteme sind Produktionssysteme auf denen Land- und Forstwirtschaft kombiniert werden], welcher nicht zum Wald, sondern zur Landwirtschaft zählt. Grund hierfür sind Kulturen bei denen z.B. Landwirte Bäume für die Biomasseproduktion auf Ackerflächen pflanzen dürfen – genehmigungsfrei.

Angesichts der absolut neuartigen, ungewöhnlichen Nutzungsmöglichkeit von Baumbeständen, neigen viele Behörden dazu, die Praxis entweder der Landwirtschaft oder der Forstwirtschaft zuzuschreiben. Dass man einen Wald gezielt zu einer absolut extensiven, nachhaltigen und gleichzeitig ökonomischen Sekundär-Nutzung anlegen kann, scheint bislang noch eher ungewöhnlich. Doch es gibt mittlerweile einige Präzedenzfälle in Deutschland, die neben einer forstwirtschaftlichen Nutzung, auch ganz offiziell die legale Ernte der später auftretenden Trüffeln ermöglichen. Was meiner Meinung nach in Deutschland fehlt, ist den Begriff Agroforst weiter mit Leben und guten Ideen zu füllen. Wenn es Landwirten ermöglicht wird, Bäume zu pflanzen, sollte es Waldbesitzern auch ermöglicht werden, die dort kultivierten Pilze zu vermarkten! Schließlich waren die ersten Trüffeljäger auch die Landwirte, die mit ihrem Vieh durch die Hutewälder zogen! „Back to the roots – zurück zu den Wurzeln“ wäre hier das passende Schlagwort!
Voraussetzung für eine Trüffelzucht ist grundsätzlich eine Neuanlage von Wald durch Verwendung von Trüffelbäumen und dies auch nur an geeigneten Standorten. Eine gewerbliche Nutzung von Trüffeln aus bestehendem Wald dürfte aufgrund der aktuellen Unterschutzstellung dieser wilden Populationen in Deutschland weiterhin verboten bleiben.

 

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